EMspannend oder ENTspannend
Ich habe den gestrigen Abend erfolgreich ohne die EM über die Bühne gebracht.
Fußball hat mich noch nie sonderlich interessiert, auch wenn ich zugeben muss, dass die ein oder andere WM mich letztendlich zum Finale hin doch immer mitgerissen hat.
Fußball gehört zu Deutschland, so wie Eis ins Gefrierfach gehört. Man kann ohne leben, aber irgendwas fehlt dann doch.
Und dennoch verstehe ich das Fieber nicht. Es sind doch nur 20 Spieler, die hinter einem Ball hinterher rennen. Zwei versuchen ihn mit vollem Körpereinsatz abzufangen, ein weiterer hat ziemlich viel Ausdauer und rennt mit einer Pfeife rum und will scheinbar Karten spielen, zwei andere stehen am Rand und gehen nur auf und ab und mindestens einer steht in einer Area und regt sich die ganze Zeit auf. Nicht zu vergessen die Leutchen, die schön brav auf der Bank sitzen und hoffen, dass sie mal erwählt werden.
Ich meine klar, wenn Deutschland spielt und man kurz vorm Sieg ist, will man auch, dass die Mannschaft gewinnt. Wenn man sich dann mal auf das Spiel einlässt kann es zu einer Zerreißprobe werden. Doch wieso dieser ganze Hype? Ist es denn gerechtfertigt, dass die Vereine und die Spieler so viel Geld verdienen? Was leisten die denn? Zu guter Letzt haben sie doch mit dem Fußball angefangen, weil es deren Hobby ist und dann werden die auch noch so hoch dafür bezahlt, weil es denen Spaß macht?
Was ist mit den ganzen Menschen die sich tagtäglich dafür abbuckeln, Essen auf dem Tisch zu haben, die notgedrungen einen Job annehmen müssen, der eventuell noch nicht einmal Spaß macht. Eine Raumpflegerin zum Beispiel leistet meiner Meinung nach um einiges mehr wie ein Fußballspieler und verdient nur eine müde Mark.
Gerechtfertigt ist das nicht. Und selbst wenn wir in den eigenen Reihen bleiben: warum verdienen Frauen-Profispielerinnen nicht so viel wie die Herren, obwohl die genauso gut sind? Manche der Damen im Kader haben sogar noch einen richtigen Job, weil sie mit dem Sport allein nicht leben können.
Ein anderes Thema ist die Werbung. Der einzelne Spieler hat schon allein dadurch einen höheren Marktwert, wenn er in der Werbung zu sehen ist. Mittlerweile ist das Fernsehn voll davon. Dann werden sich aber noch die Mäuler darüber zerissen, dass dieser oder jener Spieler, diese oder jene Werbung macht, die man als Sportler nicht machen sollte. Spieler hätten eine Vorbildfunktion. Nutella oder Cola gehören da nicht hin. Schwachsinn. Eine Heidi Klum ist ein Vorbild für viele Frauen und macht Burger-Reklame. Ist doch gut, wenn eine von außen unnahbare perfekte Person sich nicht nur gesund ernährt. Für mich heißt es: ich bin doch auch nur ein normaler Mensch. Quatsch zu glauben, das Fußballspieler oder Models nur Salat essen und Wasser zu trinken.
Aber zurück zum Fußball.
Viele von euch lieben es ja sich mit vielen Leuten auf engem Raum einzupferchen, zu grölen und Bier übereinander zu schütten. Ihr nennt es Public-Viewing, ich nenne es beängstigend. Nein, zu hoch die Möglichkeit, dass etwas aus dem Ruder läuft: Angefangen bei Schlägerein und Kravall, über Unwetter bis hin zu Anschlägen und Massenpanik; um nur einige zu nennen.
Gut man kann auch in kleinem Kreis die EM schauen oder man macht sich einen entspannten Abend wie ich.
Frei von jeder Vuvuzela (schlimmes nerviges Gerät), keine Gespräche über Fußball und auch der Blutdruck ist normal. Warum soll ich mir was vormachen und plötzlich Fußball begeistert werden, obwohl ich die restliche Zeit mir keinen Fußball anschaue. Ich gucke mir ja auch nicht plötzlich Boxen, Eislaufen oder Let’s dance an.
Ich habe mit Sport nichts am Hut.
Fußball ist ein Massenphänomen. Es kann viel Gutes bewirken und viel Schlechtes.
Ich verbinde mit Fußball betrunkene Menschen, die sich nicht unter Kontrolle haben und die mitten in der Woche nachts gröhlend durch die Straße laufen. Oder die irgendwelche Raketen im Stadion abschießen. Diese Menschen können kein Gehirn haben. Manchen Interviews von Fußballern zu schließen, haben diese aber scheinbar auch nicht so einen hohen IQ. Naja, das Blut liegt in deren Füßen.
Manchmal frage ich mich nur, ob Fußball auch wirklich noch das ist, was es sein sollte, ein Sport, ein Spiel.
Gerade die großen Meisterschaften wie EM oder WM werden von den Konzernen und der Werbebranche genutzt um reichlich Kohle zu schefflen. Überall sieht man nur noch Fußball. Fußball als Marke. Fußballspieler als Popstars. Es geht mehr um Schein als Sein. Schafft Fußball es denn wirklich die Nationen miteinander zu vereinen? Es sollten doch große Freundschaftsspiele sein.
Wenn ich nur daran denke wieviel Geld allein in den Fußball fließt und was die Länder dafür ausgeben, um neue Stadien zu bauen, frage ich mich, warum man das Geld nicht sinnvoller nutzen kann. Zum Beispiel gegen die Not und den Hunger in der dritten Welt, für die Medizin oder für die Bildung.
Ein Gutes hat dieses ganze Fußballfieber vielleicht: in der Zeit rücken die Menschen etwas enger zusammen, denken vielleicht nichtmehr an die schrecklichen Vorfälle der letzten Zeit oder an die Flüchtlingskrise. Aber nur weil man nicht daran denkt, bedeutet es nicht, es sei gänzlich weg.
Soll jeder machen und mögen was er will. Fußball ist keineswegs schrecklich und am Ende, so ab dem Halbfinale werde auch ich sicher wieder vorm Bildschirm sitzen und unsere Mannschaft anfeuern, sollten wir soweit kommen. Denn die Genugtuung, dass wir gewinnen ist nicht das Schlechteste. Da reicht auch mein Halbwissen und was Abseits ist.
Und solange werde ich meine Abende damit verbringen relaxed ein Buch zu lesen, an meinem Blog zu schreiben, zu grillen oder einen netten Film im TV anzuschauen.
Achja und wenn einer unsere Mannschaft anfeuern will: Deutschland spielt erst am Sonntag, 21 Uhr, Gruppe C gegen die Ukraine.
Was haltet ihr vom Fußball bzw. der EM? Ein Hype oder ein Kulturgut? Oder gehört ihr zu denen, die mit Fußball nichts am Hut haben. Welche tolle Ideen habt ihr, die Zeit sinnvoll zu nutzen?
Jetzt auch zum Hören: der Herbstmeedchen – Podcast